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Lehrer

Name : Christoph Minkwitz
Graduierungen : 2. Dan Aikido, 5. Dan Ju-Jutsu
Geburtsjahr : 1968
Beruf : Dipl. Ing.

Über (mein) Aikido

Viele der Dinge, die ich unten aufgeschrieben habe, sind vielen Kampfkunsttreibenen bekannt. Trotzdem lohnt es sich, über das ein oder andere noch mal nachzudenken, weil man es vielleicht gerade selber vergessen hat und nicht praktiziert. Im Text ist meist von Aikido die Rede, aber ich denke, daß es sich auf alle Kampfkünste übertragen läßt.

Warum "nicht kämpfen" ?

Auch wenn Aikido eine Kampfkunst ist, ist sein eigentliches Ziel das nicht kämpfen. Der Spruch "jeder vermiedene Kampf ist ein gewonnener Kampf" hat hier seine Gültigkeit. Der Umkehrschluß jeder geführte Kampf ist ein verlorener Kampf" hat ebenso seine Gültigkeit, unabhängig davon, ob man die Auseinandersetzung gewonnen hat, oder nicht.

Aikidotechniken leben vom Angriff. Je heftiger der geführt wird, desto heftiger und besser gelingen die Techniken. In der Konsequenz heißt das aber, daß ein ernsthaft angreifener Gegner schwere Verletzungen riskiert. Zum einen, weil er durch seinen Angriff jemanden schädigen will und zum anderen, weil er durch die Aikidotechnik die Kontrolle über sich und seinen Stand verliert und unter Umständen sehr heftig zu Boden geht oder in einen Hebel läuft. Der Angegriffene kann das nicht verhindern. Wer aus großer Höhe fällt, hat am Boden eine große Geschwindigkeit, das ist Physik und nicht zu ändern.

Für das Aikido Training heißt das aber, daß die Angriffe nicht real sein können und damit die ausgeführten Techniken auch nicht. Man kann nur versuchen, sich im Rahmen der Übungen an die vermeindliche Realität heranzutasten und die Angriffsintensität langsam zu steigern. Das setzt aber voraus, daß Tori die Technik einigermaßen sicher und Uke die Fallschule sicher beherrscht.

Besser sein

Ein großes Problem in der Gesellschaft ist, daß viele das Gefühl haben, sie müßten besser sein, als der andere und vor allem, daß sie das demjenigen auch beweisen müssen. Während des Trainings wird man immer wieder auf genau diese Situationen stoßen: Unkooperative Partner oder Leute, die schlicht mehr Kraft haben als man selbst und diese auch beim festhalten einsetzen usw. Die Situation im Dojo ist aber nun, daß man weder unkontrolliert zuschlagen, noch sich in die Ecke setzen und schmollen kann (wenn sie so ist, wird man nicht lange beim Training bleiben). Das bedeutet, daß man sich mit dem Gefühl der Unterlegenheit oder des Versagens auseinandersetzen muß. Auf der anderen Seite kann man vielleicht an sich selbst genau diese unfreundlichen Verhaltensweisen feststellen, vielleicht stellt man selber fest, oder man bekommt es gesagt, daß man einen Übungspartner immer sperrt und so verhindert, daß dieser vernünftig trainieren kann. Das kann sogar völlig unbeabsichtigt passieren.

Durch längeres, aufmerksames Üben lernt man die eigenen unfreundlichen Verhaltensweisen kennen und kann lernen, sie zu beherrschen. Man muß nicht mehr besser sein, als der andere. Auf der anderen Seite lernt man mit der Situation, daß jemand beweisen muß, besser zu sein, umzugehen. Man braucht nicht mehr darauf einzusteigen, weil man im Training schon etliche male erlebt hat, daß das zu nichts gutem führt. Wenn man sich einmal auf dieses Spiel eingelassen hat, ist jedes vernünftige miteinander unmöglich, es wird ein gegeneinander.

Diese Erfahrungen kann man direkt mit ins Leben außerhalb des Dojos nehmen. Es lebt sich viel entspannter, wenn man nichts beweisen muß und es einen nicht aufregt, wenn jemand anderes etwas beweisen will. Ich denke, daß das sogar soweit geht, daß dadurch körperliche Auseinandersetzungen verhindert werden können. Jemand der sich messen will, findet in einem selbst einfach nichts, an dem er sich messen könnte. Sein "ich bin aber mehr als du" bekommt keine Antwort.

Aikido lehrt also nicht die Anwendung von Gewalt, sondern den Umgang damit.


 

"Uke und Tori" versus "Angreifer und Verteidiger"

Mit dem Begriffspaar "Uke" und "Tori" werden die übenden Partner bezeichnet. Uke ist der angreifende Partner und Tori ist der verteidigende Partner. Es ist kein Wortspiel, daß nicht von "Angreifer" und "Verteidiger" die Rede ist. Im Dojo stehen Partner auf der Matte, keine Gegner. Wenn es zu einem Kampf kommt, gibt es Tori und Uke nicht mehr, es gibt nur noch Gegner. Der Weg des Aikido ist an dieser Stelle schon längst verlassen worden. Ein angegriffener Aikidoka kann vielleicht versuchen, die Techniken so auszuführen, daß der Angreifer unverletzt bleibt, riskiert aber bei einem uneinsichtigen Angreifer, daß dieser es noch mal versucht, mit anderen Mitteln, anderen Angriffen und vor allem mit dem Wissen, daß sein potentielles Opfer sich mit Kampfkunst beschäftigt hat.

Ukemi

Die zur Ausführung der Techniken erforderlichen Bewegungen sind mitunter recht kompliziert. Das lernt sich nicht von jetzt auf gleich. Deshalb muß Uke quasi "mitspielen", auch wenn es unlogisch erscheint.

Viele Techniken haben in ihrer Eingangsbewegung eine Atemitechnik, sei sie auch nur angedeutet. Da Aikido vom intelliegenten Angreifer ausgeht, wird sich der Angreifer gegen dieses Atemi schützen. Aus dieser Schutzreaktion entsteht einerseits der Schutz des Angegriffenen vor dem Angriff, weil Uke vielleicht zurückweicht und damit nicht mehr an Tori herankommt, um ihn zu treffen und andererseits die Aikidotechnik selber. Uke muß also in irgendeiner Form auf den Atemi reagieren und darf nicht einfach weitermachen, weil eh nichts passiert ist.

"Ukemi" wird häufig mit "Fallschule" übersetzt, hat aber noch deutlich größere Dimensionen. Ukemi bedeutet auch "sich schützen" (als sinnhafte Übersetzung, die wörtliche Übersetzung ist mir nicht bekannt) und ist ein Teil der Selbstverteidigung, denn derjenige, der geworfen wird hat in der Regel Einflußmöglichkeiten auf die Art, wie er fällt und am Boden aufkommt. Damit liegt die Verantwortung für das Training nicht nur allein bei Tori, sondern auch bei Uke.

Uke-Verhalten

Der Erfolg des Aikidotrainigs hängt im Wesentlichen vom Uke ab. Ohne ihn kann keine Technik stattfinden, genauso wenig, wie Fußball ohne Ball sinnvoll ist. Uke muß Tori die Gelegenheit geben, zu üben und zu lernen. Das verlangt von ihm, daß er in der zuvor abgesprochenen Art und Weise angreift (wobei die Absprache auch sein kann, daß Uke frei angreift oder verschiedene Angriffe zur Auswahl hat). Tut er das nicht, gefährdet er sich selbst und seine Trainingspartner. Es ist aber nicht damit getan, daß Uke einfach zuschlägt oder ein Handgelenk greift. Damit ist erst der Anfang gemacht, den Uke simuliert ja einen Angreifer und der wird sich sicher nicht mit nur einem Schlag oder dem Kontakt am Handgelenk zufrieden geben. Um so weniger, als Tori ja eine Verteidigungshandlung einleitet. Das bedeutet, daß Uke weiterhin angreifen und seine Energie auf Tori gerichtet haben muß.

Tori-Verhalten

Genau wie Uke hat auch Tori die Pflicht, sich an vorher angesprochene Abläufe zu halten, weil sonst Gefahren für ihn und seinen Trainingspartner entstehen. Das gilt in besonderem Maße für unerfahrene oder einander unbekannte Trainingspartner. Es spricht nichts dagegen, wenn zwei auf einander eingespielte Partner Techniken variieren. Im Gegenteil, das wird notwendig, weil Uke nicht immer in der identischen Art und Weise angreifen kann, Distanzen verändern sich, der Raum um die Übenen herum auch. Das bedeutet, daß die Bewegungen von Tori auch anders werden müssen und damit auch die angewendeten Techniken. Das zu erkennen macht den fortgeschrittenen Aikidoka aus, er wird keine Technik erzwingen, sondern eine andere, der Situation angemessene machen. Wichtig ist dabei, daß er weiß, daß sein Uke die notwendige Ukemi beherrscht!

Aufmerksamkeit

Uke und Tori haben die Pflicht, aufmerksam zu sein. Uke greift an, muß also seine Aufmerksamkeit auf Tori richten. Tori handelt dem Angriff angemessen, muß also seine Aufmerksamkeit auf Uke richten. Darüber hinaus müssen beide die Situation um sie herum im Auge haben. Sie müssen wissen, wo Hindernisse, wie z.B. Wände, sind und ganz besonders müssen sie die um sie herum Übenden beobachten, damit nicht zwei Ukes aufeinander geworfen werden. Außerdem sollte Uke in der Lage sein, seinen Angriff abzubrechen, wenn Tori die notwendige Reaktion nicht hinbekommt.

Beim Anfang der Übung begibt sich Tori in die Hände von Uke. Er verläßt sich darauf, daß Uke so angreift, daß er selbst die Möglichkeit hat, diesem Angriff zu begegnen. Uke muß auch darauf achten, erst anzugreifen, wenn Tori dafür bereit ist. Dann begibt sich Uke in die Hände von Tori und verläßt sich darauf, daß Tori eine Technik ausführt, zu der er die notwendige Ukemi beherrscht.


 

Geschenke

Manche Techniken enden damit, das Uke Schmerzen hat, das ist ein Geschenk von ihm an Tori und als solches ist es auch zu sehen. Und Geschenke werden gegeben und genommen, es ist keine Einbahnstraße. Tori hat die Pflicht, dieses Geschenk zu achten, sorgsam damit umzugehen und seinem Uke ein entsprechendes Gegengeschenk zu machen (wobei das nicht heißen soll, daß auf einem Schmerz-o-Meter gemessen wird, wer wem wie sehr weh getan hat und danach der simple Ausgleich der Meßwerte gesucht wird).

Gegenüber dem Lehrenden haben die Übenden ebenfalls die Pflicht, aufmerksam zu sein. Insbesondere, wenn dieser eine Technik anders zeigt, als sie sie kennen, sollten sie versuchen, die Andersartigkeit zu erkennen und es so zu üben. Andernfalls hat es keinen Sinn, daß sie bei diesem Lehrer zum Training kommen.

Anfänger, Fortgeschrittene und Partnerwechsel

Ein Anfänger kann selbstverständlich mit einem Fortgeschrittenen besser üben, als mit einem Anfänger seines Niveaus. Der respektvolle Umgang miteinander gebietet, daß sich Fortgeschrittene dieser ihnen vielleicht lästig erscheinenden Aufgabe nicht entziehen. Vor allem, weil es sogar sein kann, daß sie neue Erkenntnisse haben, denn ein Anfänger bewegt sich eben nicht wie ein Aikidoka, den man trefflich über die Matte werfen kann, weil er weiß, was kommt.

Wenn Anfänger und Fortgeschrittene miteinander üben, ist es sehr sinnvoll, daß der übliche Wechsel von Tori- und Uke-Rolle beibehalten wird, denn die Wirkungsweise einer Technik wird auch aus der Sicht der Uke-Rolle verstanden und, was noch wichtiger ist, der Anfänger muß die passenden Reaktionen genauso lernen, wie die Technik selber.

Der respektvolle Umgang miteinander gebietet aber auch, daß die Anfänger die Fortgeschrittenen nicht "belagern", sondern akzeptieren, daß diese auch unter einander trainieren wollen, um an den Dingen zu Arbeiten, die für sie gerade aktuell sind.

Es ist gut, mit möglichst vielen Partnern zu trainieren. Auf diese Weise lernt man verschiedene Bewegungsmuster kennen, fühlt viele verschiedene Körper, hat kooperative oder weniger kooperative Partner. Der Rhythmus zwei-links, zwei-rechts und dann tauschen der Rollen ist allgemein üblich und hat sich bewährt. Das bedeutet nicht, daß man das Muster immer genau so durchziehen muß, man sollte es sich aber zur Trainingsgewohnheit machen.

Aikido, Ju-Jutsu und andere

Bevor ich mit Aikido begonnen habe, hatte ich schon lange Ju-Jutsu praktiziert, was ich auch heute noch tue. Nebenher schaue ich auch immer mal wieder in andere Kampfkünste hinein. In meinem Augen liegt der Hauptunterschied zwischen Aikido und anderen Kampfkünsten (neben den rein technischen Unterschieden) in der starken Betonung des partnerschaftlichen Verhaltens. Das habe ich so noch nicht wieder gefunden (leider habe ich es schon oft erlebt, daß fleißig von Kooperation geredet wurde, aber eigentlich gekämpft worden ist). Andere Kampfkünste sehen sich entweder als Sport (Wettkampf) oder als Selbstverteidigung, es werden also Techniken und Fähigkeiten vermittelt. Die Idee, daß man noch andere Dinge lernen könnte, ist vielen fremd oder wird sogar bewußt geleugnet.

Selbstverständlich hat Aikido nicht den Anspruch, den Harmoniegedanken als erste erfunden zu haben oder als einzige zu vertreten. Mir ist er nur beim Aikido bewußt geworden und ich richte auch mein Ju-Jutsu danach aus.

Technisch gesehen ist Aikido eine Untermenge von Ju-Jutsu oder Jiu-Jitsu. Die weitaus meisten Aikidotechniken findet man auch im JJ.

Techniken, die nicht (oder selten) im Aikido zu finden sind, wie Blöcke, die Große Außensichel (O-Sotogari) oder der Hüftwurf (O-Goshi) sind dazu gemacht, mit Kraft etwas zu bewirken:

  • Ein Block wird gegen die angreifende Extremität geschlagen. Sein Prinzip ist es, gegen etwas gerichtet zu sein.
  • Bei der Sichel wird Ukes unbewegte Standbein weggetreten. Sicher kann man den notwendigen Gleichgewichtsbruch auch soweit führen, daß Uke allein dadurch umfällt, aber dann war es eigentlich keine Sichel mehr (weil ja nichts gesichelt worden ist).
  • Beim Hüftwurf erfolgt der Wurf zum Teil dadurch, daß der auf der Hüfte liegende Uke durch eine Streckung der Beine ausgehoben wird.

Im Gegensatz dazu ist eine Grundidee der Aikidotechniken das Arbeiten mit der Bewegung von Uke, das (Um)-Lenken von Kraft.

Wie schon beschrieben, benutzt man im Aikido sehr häufig Atemitechniken. Der Sinn dieser Techniken ist allerdings nicht, wie oft im JJ oder anderen Künsten, der Treffer und die Wirkung desselben, sondern Ukes Reaktion auf den Atemi. Daher werden im Aikido eigentlich nur Handtechniken eingesetzt, Tritte oder Fußstöße in Verbindung mit einer Aikidotechnik habe ich bisher noch nicht gesehen (als Angriff werden Fußtechniken natürlich ausgeführt).

Warum ein österreichischer Verband?

Das hat historische Gründe: Ich habe innerhalb dieses Verbandes meine Aikikai Dangraduierung erhalten. Insofern ist der Verband ein Stück Heimat für mich. Außerdem sind die Leute, die man dort kennlernen kann, sehr nett :)).

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